Genau 26 Jahre lang hat sich Ursula Jung in den
Aufsichtsgremien für die Belange und Interessen der Mitglieder eingesetzt. Sie
war die erste Aufsichtsrätin einer Volksbank im Westmünsterland. Nun scheidet
sie aus dem Kontrollgremium der VR-Bank Westmünsterland aus. Denn die Satzung
sieht für den Aufsichtsrat eine Altersgrenze vor. Für die 67-Jährige ist das
völlig in Ordnung: „Jetzt sollen jüngere Leute entscheiden, die im
Wirtschaftsleben stehen.“
Offen mit Mitarbeitern und Mitgliedern kommuniziert
Ihr Fazit fällt nach all den Jahren positiv aus: „Das war eine
sehr gute Zeit für die Bank und für mich.“ Zwischen 2002 und 2005 war die
Beamtin als Vorsitzende des Aufsichtsrates der Volksbank Borken tätig. Eines
der wichtigsten Ereignisse ihrer Amtszeit war die Fusion mit der Volksbank
Coesfeld, aus der die VR-Bank Westmünsterland hervorging. „Wir haben mit
Mitarbeitern und Mitgliedern im Vorfeld viel gesprochen. Als Aufsichtsrat habe
ich es als meine Aufgabe gesehen, Veränderungen offen zu kommunizieren, alle
ins Boot zu holen und von den Vorteilen zu überzeugen.“
Die Verantwortung ist gestiegen
Hat sich die Tätigkeit als Aufsichtsrat in den vergangenen
26 Jahren verändert? „Die Aufgaben für einen Aufsichtsrat sind mittlerweile
viel umfangreicher, die Verantwortung auch“, zieht sie Bilanz. „Das macht ein
professionelles Arbeiten nötig. Vor allem im Zuge der Fusion standen
unternehmerische Entscheidungen an, die mit Wachstum, mehr Mitarbeitern und
größeren Krediten einher gingen: Es ist schon eine andere Hausnummer, ob man
für ein paar Milliarden Euro verantwortlich ist oder nur für ein paar
Millionen.“ Ganz entscheidend für eine gute Arbeit im Aufsichtsrat war dabei,
die Vorstandsposten richtig zu besetzen. „Wir haben mit unserer Auswahl sehr
gute Erfahrungen gemacht.“
Zu wenig Frauen in Aufsichtsräten
Wenn sie heute einen Blick auf die Zusammensetzung von
Aufsichtsräten in Unternehmen und Banken wirft, kommt sie zu einem eindeutigen
Schluss: „Es gibt nach wie vor zu wenige Frauen in Aufsichtsräten und
Vorständen. Das muss sich ändern. Dafür bohre ich dicke Bretter.“ Wie erklärt
sie sich den geringen Anteil? „Frauen trauen sich solch eine Aufgabe oft nicht
zu und sind eher zurückhaltender, während Männer viel stärker in
Führungspositionen drängen.“ Männer unterhielten dazu Netzwerke, die ihnen
helfen, für Spitzenjobs vorgeschlagen zu werden.
Mehr Vielfalt macht sich bezahlt
Ursula Jung plädiert für eine Vielfalt in Aufsichtsgremien:
„Die Arbeit in einem Kontrollgremium profitiert von einer vielfältigen
Zusammensetzung. Denn jeder bringt seine Erfahrungen und seinen persönlichen
Blick auf die Dinge ein.“ Deswegen hält sie nicht nur einen höheren
Frauenanteil für sinnvoll, sondern auch, dass viele Berufen in
Aufsichtsratsgremien vertreten sind – Juristen genauso wie Speditionsfachleute
oder Kommunikationsexperten. „Die Herangehensweise an Fragen ist dann
vielseitiger.“ Ursula Jung ist eindeutig für eine Frauenquote: „Die
Selbstverpflichtung funktioniert nirgendwo. Eine Quote wäre das richtige
Instrument, um Druck aufzubauen. Es geht nicht anders.“
„Opfer sind Nebensache“
Mittlerweile ist die Rechtspflegerin, die sich in ihrem
Berufsleben mit Zwangsvollstreckungen beschäftigt hat, im Ruhestand. Nun bleibt
ihr mehr Zeit für ihr ehrenamtliches Engagement im Weißen Ring, einer
Organisation, die sich für Kriminalitätsopfer und deren Angehörigen einsetzt.
Schon während ihres Berufslebens als Beamtin hat sie sich mit dem Thema immer
wieder beschäftigt. „Wir haben ein täterzentriertes Strafrecht, die Opfer sind
Nebensache“, lautet ihr klares Urteil. Auch die Berichterstattung in den Medien
fokussiere häufig die Täter. Den persönlichen Anstoß, sich ehrenamtlich zu
engagieren, gab ein schwerer Unfall, den sie überlebt hat. „Ich habe in meinem
Leben immer Glück gehabt und möchte etwas zurückgeben.“
Zuspruch und Betreuung in einer Ausnahmesituation
So steht sie Opfern von Straftaten bei, die sich in einer
Ausnahmesituation befinden und Zuspruch und Betreuung brauchen. Sie berät die
Betroffenen, begleitet sie zu Verhören bei der Polizei und kümmert sich um
einen Anwalt. „Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf Gewalt. Jeder Fall
ist anders“, erzählt die 67-Jährige. „Ich habe Leute kennengelernt, die nach
einem Einbruch Angstzustände entwickelt haben, andere bewältigen das schneller
ohne starke psychische Folgen.“
Vor diesem Hintergrund hat Ursula Jung für die Zeit nach dem
Aufsichtsrat schon wieder neue Aufgaben vor Augen, die aus ihren Erfahrungen
beim Weißen Ring resultieren. Der Verein lebt von Spenden, Mitgliedsbeiträgen
und Bußgeldern. Staatliche Zuwendungen gibt es nicht. Und auch sonst reichen
die staatlichen Stellen für die Betreuung der Opfer bei weitem nicht aus. Zwar
gibt es an der Universitätsklinik Münster eine Traumaambulanz, die Opfer von
Straftaten kurzzeitig therapeutisch betreut.
Zu wenig Psychotherapeuten für Opfer
Das Angebot an Psychotherapeuten für die langfristige
Betreuung vor Ort sei aber viel zu gering, wie Ursula Jung aus eigener
Erfahrung weiß. Und auch zwei Polizeibeamte in der Kreisbehörde, die sich um
Opfer von Verbrechen kümmern, hätten nicht die Zeit, die Opfer intensiv und
langfristig zu betreuen. „Wir brauchen viel mehr Hilfsangebote für Opfer. Alle
Institutionen sind überlastet“, sagt Jung und krempelt im Geist schon einmal
die Ärmel hoch: Sie möchte sich in Zukunft weiter dafür einsetzen, in der
Region den Schutz und die Betreuung von Opfern auszubauen.
Genau 26 Jahre lang hat sich Ursula Jung in den Aufsichtsgremien für die Belange und Interessen der Mitglieder eingesetzt. Sie war die erste Aufsichtsrätin einer Volksbank im Westmünsterland. Nun scheidet sie aus dem Kontrollgremium der VR-Bank Westmünsterland aus. Denn die Satzung sieht für den Aufsichtsrat eine Altersgrenze vor. Für die 67-Jährige ist das völlig in Ordnung: „Jetzt sollen jüngere Leute entscheiden, die im Wirtschaftsleben stehen.“
Offen mit Mitarbeitern und Mitgliedern kommuniziert
Ihr Fazit fällt nach all den Jahren positiv aus: „Das war eine sehr gute Zeit für die Bank und für mich.“ Zwischen 2002 und 2005 war die Beamtin als Vorsitzende des Aufsichtsrates der Volksbank Borken tätig. Eines der wichtigsten Ereignisse ihrer Amtszeit war die Fusion mit der Volksbank Coesfeld, aus der die VR-Bank Westmünsterland hervorging. „Wir haben mit Mitarbeitern und Mitgliedern im Vorfeld viel gesprochen. Als Aufsichtsrat habe ich es als meine Aufgabe gesehen, Veränderungen offen zu kommunizieren, alle ins Boot zu holen und von den Vorteilen zu überzeugen.“
Die Verantwortung ist gestiegen
Hat sich die Tätigkeit als Aufsichtsrat in den vergangenen 26 Jahren verändert? „Die Aufgaben für einen Aufsichtsrat sind mittlerweile viel umfangreicher, die Verantwortung auch“, zieht sie Bilanz. „Das macht ein professionelles Arbeiten nötig. Vor allem im Zuge der Fusion standen unternehmerische Entscheidungen an, die mit Wachstum, mehr Mitarbeitern und größeren Krediten einher gingen: Es ist schon eine andere Hausnummer, ob man für ein paar Milliarden Euro verantwortlich ist oder nur für ein paar Millionen.“ Ganz entscheidend für eine gute Arbeit im Aufsichtsrat war dabei, die Vorstandsposten richtig zu besetzen. „Wir haben mit unserer Auswahl sehr gute Erfahrungen gemacht.“
Zu wenig Frauen in Aufsichtsräten
Wenn sie heute einen Blick auf die Zusammensetzung von Aufsichtsräten in Unternehmen und Banken wirft, kommt sie zu einem eindeutigen Schluss: „Es gibt nach wie vor zu wenige Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen. Das muss sich ändern. Dafür bohre ich dicke Bretter.“ Wie erklärt sie sich den geringen Anteil? „Frauen trauen sich solch eine Aufgabe oft nicht zu und sind eher zurückhaltender, während Männer viel stärker in Führungspositionen drängen.“ Männer unterhielten dazu Netzwerke, die ihnen helfen, für Spitzenjobs vorgeschlagen zu werden.
Mehr Vielfalt macht sich bezahlt
Ursula Jung plädiert für eine Vielfalt in Aufsichtsgremien: „Die Arbeit in einem Kontrollgremium profitiert von einer vielfältigen Zusammensetzung. Denn jeder bringt seine Erfahrungen und seinen persönlichen Blick auf die Dinge ein.“ Deswegen hält sie nicht nur einen höheren Frauenanteil für sinnvoll, sondern auch, dass viele Berufen in Aufsichtsratsgremien vertreten sind – Juristen genauso wie Speditionsfachleute oder Kommunikationsexperten. „Die Herangehensweise an Fragen ist dann vielseitiger.“ Ursula Jung ist eindeutig für eine Frauenquote: „Die Selbstverpflichtung funktioniert nirgendwo. Eine Quote wäre das richtige Instrument, um Druck aufzubauen. Es geht nicht anders.“
„Opfer sind Nebensache“
Mittlerweile ist die Rechtspflegerin, die sich in ihrem Berufsleben mit Zwangsvollstreckungen beschäftigt hat, im Ruhestand. Nun bleibt ihr mehr Zeit für ihr ehrenamtliches Engagement im Weißen Ring, einer Organisation, die sich für Kriminalitätsopfer und deren Angehörigen einsetzt. Schon während ihres Berufslebens als Beamtin hat sie sich mit dem Thema immer wieder beschäftigt. „Wir haben ein täterzentriertes Strafrecht, die Opfer sind Nebensache“, lautet ihr klares Urteil. Auch die Berichterstattung in den Medien fokussiere häufig die Täter. Den persönlichen Anstoß, sich ehrenamtlich zu engagieren, gab ein schwerer Unfall, den sie überlebt hat. „Ich habe in meinem Leben immer Glück gehabt und möchte etwas zurückgeben.“
Zuspruch und Betreuung in einer Ausnahmesituation
So steht sie Opfern von Straftaten bei, die sich in einer Ausnahmesituation befinden und Zuspruch und Betreuung brauchen. Sie berät die Betroffenen, begleitet sie zu Verhören bei der Polizei und kümmert sich um einen Anwalt. „Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf Gewalt. Jeder Fall ist anders“, erzählt die 67-Jährige. „Ich habe Leute kennengelernt, die nach einem Einbruch Angstzustände entwickelt haben, andere bewältigen das schneller ohne starke psychische Folgen.“
Vor diesem Hintergrund hat Ursula Jung für die Zeit nach dem Aufsichtsrat schon wieder neue Aufgaben vor Augen, die aus ihren Erfahrungen beim Weißen Ring resultieren. Der Verein lebt von Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Bußgeldern. Staatliche Zuwendungen gibt es nicht. Und auch sonst reichen die staatlichen Stellen für die Betreuung der Opfer bei weitem nicht aus. Zwar gibt es an der Universitätsklinik Münster eine Traumaambulanz, die Opfer von Straftaten kurzzeitig therapeutisch betreut.
Zu wenig Psychotherapeuten für Opfer
Das Angebot an Psychotherapeuten für die langfristige Betreuung vor Ort sei aber viel zu gering, wie Ursula Jung aus eigener Erfahrung weiß. Und auch zwei Polizeibeamte in der Kreisbehörde, die sich um Opfer von Verbrechen kümmern, hätten nicht die Zeit, die Opfer intensiv und langfristig zu betreuen. „Wir brauchen viel mehr Hilfsangebote für Opfer. Alle Institutionen sind überlastet“, sagt Jung und krempelt im Geist schon einmal die Ärmel hoch: Sie möchte sich in Zukunft weiter dafür einsetzen, in der Region den Schutz und die Betreuung von Opfern auszubauen.